Derby der Gegensätze – Von Null auf Hundert in einer Halbzeitpause
Löwen gewinnen nach zäher erster und furioser zweiter Hälfte gegen Traunstein mit 2:1 – Der Wasserburger Traum von Platz Zwei lebt
Die einen wollen es unbedingt erreichen, die anderen tunlichst vermeiden. Während der TSV 1880 Wasserburg die Saison verlängern will, hoffte der SB Chiemgau darauf, der Abstiegsrelegation aus dem Weg gehen. Nicht nur deshalb war es am Freitagabend in der Altstadt ein Derby der Gegensätze. Auch die beiden Halbzeiten waren grundlegend unterschiedlich.
„Und das sollen diese gefährlichen Löwen sein!?“, fragte sich so mancher der 480 Zuschauer, die die Innstädter in der Rückrunde noch nicht haben spielen sehen. Diese Frage war durchaus berechtigt, denn nach acht Siegen und nur zwei Remis nach dem Winter schien der späte 2:2-Ausgleichstreffer in Murnau aus der Vorwoche nachhaltige Wirkung gezeigt zu haben. Die Gastgeber kamen nicht richtig in Tritt, spielten oft nach hinten, zum Gegner oder ins Aus. Traunstein hingegen, denen das Wasser bis zum Hals steht, war die stärkere Mannschaft. Die Gäste profitierten einerseits davon, dass sie durch Ballverluste oft zu Chancen eingeladen wurden, andererseits wurde ihre wackelige Verteidigung 45 Minuten lang nicht in die Bredouille gebracht. Traunstein hätte bereits nach zehn Minuten durch Sascha Marinkovic in Führung gehen können, doch Lino Volkmer war als einziger Löwe sofort auf Betriebstemperatur und parierte mit einem Reflex. Wenig später war er jedoch machtlos, als ein weiter Diagonalball den agilen Mark Kremer erreichte, der in der Mitte Marinkovic bediente. Dieses Mal machte es der Routinier, der kurioserweise nach der Partie aufgrund seiner Zweitkarriere als Baller League-Spieler von einer Horde junger Wasserburger Fans umlagert wurde, besser und schob eiskalt zum 1:0 ein (14.). In einem zähen Spiel war Traunstein dem zweiten Tor näher als Wasserburg dem ersten, was daran lag, dass die Hausherren abgesehen von einem Fernschuss von Daniel Vorderwestner (41.) kaum nennenswerte Torchancen verbuchen konnten.
Was eine Halbzeitpause verändern kann, zeigte bereits das Wasserburger Gastspiel in Garching. Damals explodierte Trainer Florian Heller, dieses Mal sagte er lange gar nichts und nahm dann ruhig und auf die Stärken bezogen die entscheidenden Umstellungen vor. Mit den Einwechslungen von Maxi Höhensteiger und Robin Ungerath veränderte sich nicht nur die Taktik, sondern auch die Dynamik des Spiels komplett, was auch den ausgezeichneten Schiedsrichter Fabian Büchner Gefallen an dem Spiel finden ließ: „Es hat Spaß gemacht. Die Altstadt ist ein cooler Spielort, die Atmosphäre war top und wir haben ein gutes Landesligaspiel erlebt“. Der 25-Jährige muss es wissen, er war dieses Jahr schon in der 3. Liga in Osnabrück und Aachen in sehr stimmungsvollen Stadien. Die zweite Halbzeit war nun auch an der Landwehrstraße 10 von der ersten Sekunde an mitreißend und derart furios, dass sich im Grunde beide Fan-Lager in dieser Saison auf weitere Spiele freuen sollten. Dennis Hrvoic hätte dem neu gewonnenen Wasserburger Elan in der 48. Minute ein schnelles Ende bereiten können, doch frei vor Volkmer, behielt der Torhüter die Oberhand. Die Löwen waren nun aber plötzlich spritzig und giftig in den Zweikämpfen, woraus sie immer öfter nur durch Foul gestoppt werden konnten. Aus einem dieser Freistöße resultierte der Ausgleich. Josef Stellner zog eine Flanke weit auf den langen Pfosten, wo Ungerath zum 1:1 einköpfen konnte (50.). Wasserburg musste gewinnen, woraus sich für Traunstein große Konterchancen ergaben. So tauchte Kremer unmittelbar nach dem Gegentrefferallein vor Volkmer auf, doch der Zerberus entschärfte auch diese brenzlige Situation. Nach den vergebenen Großchancen schwanden die Traunsteiner Kräfte zunehmend, die Löwen hingegen wurden stärker und stärker. Im Minutentakt rollten fortan Wasserburger Angriffe auf das Tor von Issa Ndiaye. Gegen George Dumitru (53.), Josef Stellner (61.) sowie Robin Ungerath und Michael Barthuber in einer Doppelchance (70.) konnte der Keeper noch parieren, doch in der 74. Minute war er machtlos. Topjoker Ungerath stieg nach einer Ecke am höchsten und köpfte zum 2:1 ein (74.).
In der Schlussphase verpassten die Innstädter die Vorentscheidung, doch dieses Mal brannte im Gegensatz zur Vorwoche nichts mehr an. „So wie in der zweiten Halbzeit spielt man ein Derby“, lobte Florian Heller, der nach dem Spiel vor seiner Mannschaft den Hut beziehungsweise in seinem Fall die Kappe zog. Da Geretsried am Samstagnachmittag daheim mit 1:3 gegen Schwabing unterlag, lebt der Wasserburger Traum von Platz Zwei weiter. Traunstein hingegen rutschte aufgrund der Ergebnisse von Pullach und Forstinning zwei Plätze ab und muss mit großer Wahrscheinlichkeit in die Relegation. Die tabellarische Situation sieht für den SB Chiemgau Traunstein so aus, wie sie nach dem Spiel die Gästekabine verlassen haben: wüst.
Wasserburg: Volkmer, Saur (46. Höhensteiger), Lindner, Brich, Stellner (76. Ferreira Goncalves), Rubio Gonzalez, Dumitru, Barthuber, Kononenko, Vorderwestner (46. Ungerath), Voglmaier (84. Wagner)
Tore: 0:1 Sascha Marinkovic (14.), 1:1 Robin Ungerath (50.), 2:1 Robin Ungerath (74.)
Zuschauer: 480
Schiedsrichter: Fabian Büchner (FC Mariakirchen)
jah