Fußballer und Fans sinnieren nach einem Unentschieden oftmals, ob es ein gewonnener Punkt oder zwei verlorene waren. Bei einem Verein wie dem TSV 1880 Wasserburg, der in den letzten sechs Jahren gefühlt 99% seiner Heimspiele gewonnen hat, stellt sich diese Frage umso mehr. Bei genauer Betrachtung des 1:1-Unentschiedens gegen den TSV 1882 Landsberg lässt sich konstatieren, dass das Glas respektive – in Anlehnung an den neuen Löwen-Hauptsponsor Bauer Joghurt – der Becher halb voll ist. Die positiven Aspekte überwiegen also.
Grundsätzlich sollte die Analyse damit beginnen, dass sich alle Beteiligten daran erinnern, wo die Löwen herkommen: aus der A-Klasse. Für den Serien-Aufsteiger ist jeder Bayernliga-Spieltag ein Festtag und somit ein Sieg keine Selbstverständlichkeit. Die Festspiele sahen bis dato also so aus, dass im Schnitt 800 Zuschauer pro Spiel in die Altstadt pilgerten. Gegen Landsberg meldete Stadionsprecher Witgar Neumaier erstmals ausverkauftes Haus. Die 200 erlaubten Zuschauer sahen eine umkämpfte Bayernliga-Partie, in der beide Mannschaften das Feld als Sieger verlassen hätten können. Viel wichtiger aber: Die Löwen-Fans sahen, dass ihre Mannschaft gegen einen starken Gegner dagegenhielt und sich auch von einem Rückstand nicht aus der Bahn werfen ließ.
In der zweithöchsten Amateurliga Bayerns sind alle Spiele heiß umkämpft und werden durch Kleinigkeiten entschieden. Zwischen Wasserburg und Landsberg entwickelte sich von Beginn an ein Abnutzungskampf, der sich weitestgehend im Mittelfeld abspielte. Erstmals gefährlich wurde es vor dem Tor von Dominic Zmugg als Fabian Lutz auf dem rechten Flügel durchgebrochen war und in letzter Sekunde von Jean-Philippe Stephan abgeblockt werden konnte (28.). Die Löwen hingegen kamen ihrerseits durch Robin Ungerath zu einer aussichtsreichen Gelegenheit, doch Patrick Rösch im Gästetor verkürzte geschickt den Winkel (39.). Unmittelbar vor dem Halbzeitpfiff erhitzten sich die Gemüter, als Branko Nikolic Robin Ungerath von hinten in die Kniekehle sprang und sich im Anschluss eine unübersichtliche Rudelbildung entwickelte. Schiedrichter Patrick Krettek und seine Assistenten eilten zum Tatort und machten ein Stoßen von Lucas Knauer aus. Die Folge war Doppel-Rot für die Übeltäter (45).
Nach dem Seitenwechsel konzentrierten sich die Gäste vorwiegend auf die Defensive, weshalb auch die Führung ebenso überraschend wie unverdient war. Nach einem langen Ball auf Alessandro Mulas schien die Szene im Wasserburger Strafraum bereits bereinigt, doch Mulas konnte in Kimmich-Manier den Ball im Liegen ins Tor bugsieren (64.). Die Hausherren drängten nun auf den Ausgleich, hatten allerdings Glück, als in der 71. Minute erneut Mulas steil geschickt wurde. Der kleine Angreifer hatte den herausstürzenden Zmugg bereits umkurvt. Anstatt das Leder ins leere Tor zu schieben, entschied sich Mulas zu einer Schwalbe, die selbst Andreas Möller vor Neid hätte erblassen lassen. Mit den Jokern Michael Neumeier und Bruno Ferreira Goncalves wechselte das Trainerteam Kokocinski/Wiedmann offensiv und wurde in der 81. Minute belohnt. Goncalves stocherte den Ball nach einem Angriff über den linken Flügel handlungsschnell aus kurzer Distanz über die Linie und sicherte den Punkt. In der Nachspielzeit reklamierten beide Parteien noch einen Strafstoß für sich, doch Kretteks Pfeife blieb stumm. Bei zehn gelben und zwei roten Karten hatte er genug gepfiffen.
Wasserburg: Zmugg, Maximilian Hain, Höhensteiger, Stephan, Johannes Hain (ab 61. Simeth), Lindner (ab 72. Neumeier), Grübl (ab 72. Ferreira Goncalves), Knauer, Barthuber (ab 46. Denz), Ungerath, Weber
Tore: 0:1 Alessandro Mulas (61.), 1:1 Bruno Ferreira Goncalves (81.)
Rote Karten: Lucas Knauer (45., Tätlichkeit), Branco Nikolic (45., grobes Foulspiel)
Zuschauer: 200
jah
Foto: John Cater